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The St. George Herald

Was geschah wirklich mit Baby Jane? - und noch 'ne Horror-WG

03.10.2025 64 min

Zusammenfassung & Show Notes

Familien-WG des Grauens
 
Ein Klassiker des untergehenden Studiosystems, ein Film über Hollywood und die Vergänglichkeit seines Glamours, ein „Sunset Boulevard“ mit Horrormaske, trifft auf ein Drama aus dem Wien der Gegenwart. Das Problem beider Geschichten: es leben Verwandte länger zusammen als es ihnen selbst zuträglich ist. 
 
A) Was geschah wirklich mit Baby Jane? / Whatever Happened To Baby Jane?
Amerikanischer Psychothriller von 1962
Jane und Blanche, zwei alte Schwestern aus dem Showbusiness, wohnen zusammen in einer Hollywood-Villa. Sie fühlen sich tragisch aneinandergekettet: durch gegenseitige Abhängigkeit, durch tiefen Hass und durch einen weit zurückliegenden mysteriösen Unfall, der Blanche in den Rollstuhl befördert hat. Als Jane auf die absurde Idee kommt, ihre Bühnenlaufbahn wieder aufzunehmen, eskaliert die alte Rivalität der beiden in den blanken Irrsinn. 
 
„Baby Jane“ ist ein Klassiker des Horrors wie auch der schwarzen Komödie und die künstlerische Gipfelleistung des Camp. Die verfeindeten Diven in den Hauptrollen starteten damit beide in ihre Alterskarrieren: Bette Davis (die irre Jane) in ein beachtliches, vielseitiges Spätwerk mit Selbstironie und ungebrochener Schauspielkunst, Joan Crawford (die leidende Blanche) in eine wüste Kette unfreiwillig komischer Hauptrollen in immer trashigeren Horrorfilmen, deren sinkende Qualität sich schon an den Titeln ablesen lässt. Robert Aldrichs Glanzstück wird bis heute gedeutet, parodiert und nacherzählt, und doch ist es ein Unikat geblieben. 
 
B) Die Klavierspielerin
Deutsch-österreichisch-französisches Drama von 2001
 
Die 36jährige Erika Kohut ist Klavierlehrerin am Wiener Konservatorium und lebt bei ihrer kontrollsüchtigen Mutter, von der sie als Kind zum Klavierspielen gezwungen wurde. Eingeengt von der Dominanz der narzisstischen alten Dame ist Erika nicht in der Lage, Beziehungen zu anderen Menschen einzugehen. Nur im sadomasochistischen Verhältnis zu einem ihrer Klavierschüler sieht sie einen Ausweg. Dabei verstrickt sie sich jedoch immer tiefer in grausame Machtspiele.
 
Wie die Filme seines Kollegen, Landsmannes und Zeitgenossen Ulrich Seidl sind auch die von Michael Haneke von dokumentarischem Realismus und entführen uns in die tiefstmöglichen menschlichen Abgründe. Im Gegensatz zu Seidl ist Haneke jedoch weder voyeuristisch noch prätentiös noch herz- noch geschmacklos. Die Klavierspielerin ist ein fast beliebiges Beispiel für das bravouröse Spätwerk dieses Kinoerzählers unmittelbar vor dem Aufstieg zu flüchtigem Weltruhm.

Nächste Woche: Der letzte Tango in Paris und Ein Mann sieht rosa

Kultfilm-Azubis – Ein Podcast von THE ST. GEORGE HERALD
 
Bonusfolge: Was ist ein Kultfilm? https://alle42kultfilme.letscast.fm/episode/was-ist-ein-kultfilm

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